Ein Testament widerrufen durch Vernichtung

Möchte eine Person ihr bisher gültiges Testament widerrufen, ist dafür in der Regel gemäß § 2255 Satz 2 BGB die Vernichtung der Urschrift des besagten Testaments ausreichend. Das Gesetz geht hierbei davon aus, dass die Vernichtung durch den Erblasser eine unzweifelhafte Absichtserklärung darstellt. Existieren jedoch mehrere Originale, ist dies nur dann der Fall, sofern der Wille des Erblassers zur Testamentsaufhebung zweifelsfrei angenommen werden kann. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und ggf. durch ein Gericht zu beurteilen.

Waage und Gesetzbücher

OLG Köln 2020: Beschwerde gegen Widerruf eines Testaments

Beim vorliegenden Fall aus dem Jahre 2020 handelt es sich um die Beschwerde einer begünstigten Person eines durch Vernichtung aufgehobenen Testaments gegen einen entsprechenden Beschluss des Nachlassgerichts. Die Erblasserin — eine verwitwete ältere Dame — hatte noch zu Lebzeiten ihres Ehegatten mit diesem eine notariell beurkundete, gemeinsame Verfügung von Todes wegen aufgesetzt, in der die Ehepartner sich gegenseitig als Erben eingesetzt hatten. Die weitere Erbfolge nach Ableben beider Partner sah den Urenkel als alleinigen Erben vor.

Dieses Testament wurde zu einem späteren Zeitpunkt von der längstlebenden Erblasserin zu Gunsten einer dauerhaft in ihrem Haushalt tätigen Person rechtlich wirksam geändert. § 2254 BGB spricht in einem solchen Fall von einem so genannten Widerrufstestament, welches nicht zwingend der gleichen Form wie die ursprüngliche Urkunde unterliegen muss. Es reicht also beispielsweise ein eigenhändiges Testament aus, um ein notarielles Testament aufzuheben.

Im Vorfeld der Änderung des Testaments wurde mit der nunmehr begünstigten Person bereits ein Kaufvertrag über das Wohnhaus der Erblasserin geschlossen, dem unter anderem eine Betreuungs- und Pflegevereinbarung zugrunde lag. Des Weiteren erhielt die Person eine Vorsorge- sowie eine Bankvollmacht. Die Begünstigte nutzte die ihr erteilte Bankvollmacht in der Folge zur Abhebung eines größeren Geldbetrages, was die Erblasserin dazu veranlasste, die Vollmacht gegenüber der Bank zu widerrufen. Strittig war nun nach Ansicht der Beschwerdeführerin, ob neben der Bankvollmacht auch die Änderung des Testaments zu ihren Gunsten widerrufen wurde.

Einlassungen zur Sache durch die Verfahrensbeteiligten

Den Angaben des Urenkels der Erblasserin zufolge suchte diese im Anschluss an die Annullierung der Bankvollmacht einen Rechtsanwalt auf, um sich nach Möglichkeiten zur Rückabwicklung des Hausverkaufs an die Beschwerdeführerin zu erkundigen. In diesem Zuge habe sie auch im Beisein des Anwalts das geänderte Testament zerrissen und dabei auch verbal die klare Absicht erklärt, die Einsetzung der Beschwerdeführerin als Erbin widerrufen zu wollen. Zusätzlich habe sie dem Anwalt eine Kopie der Verfügung überreicht. Der als Zeuge geladene Rechtsanwalt bestätigte diese Angaben. Die Beschwerdeführerin hingegen behauptete, es habe von dem Widerrufstestament lediglich ein gültiges, amtliches Original gegeben, welches beim seinerzeit beratend tätig gewesenen Rechtsbeistand der Erblasserin in Verwahrung gewesen und nach deren Ableben an das Nachlassgericht übersendet worden sei.

Hammer und Geld

OLG Köln bestätigt Testamentswiderruf per Urteil vom 22.04.2020

Wie eingangs erläutert, ist im Falle der Vernichtung nur einer von mehreren existierenden Urschriften eines Testaments die Vermutungsregelung des § 2255 BGB Satz 2 außer Kraft gesetzt. Das Oberlandesgericht hatte also im beschriebenen Fall letztendlich über die Frage zu entscheiden, ob der Wille der Erblasserin, das hinterlegte Testament zu widerrufen, einwandfrei erkennbar gewesen ist. Das Gericht sah dies als erwiesen an und wies somit mit dem oben genannten Urteil (Aktenzeichen I-2 Wx 84/20) die Beschwerde der im Widerrufstestament begünstigten Person ab. Zur Begründung wurden im Wesentlichen folgende Punkte angeführt:

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