Quotenloser Erbschein auf Antrag der Erbengemeinschaft

Kommt es im Zuge eines Nachlassverfahrens zum Antrag auf Ausstellung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an eine Erbengemeinschaft, so werden in diesem in der Regel die Erbteile der beteiligten Miterben aufgeführt. §352 a Abs. 2 Satz 2 FamFG bietet jedoch die Möglichkeit des Verzichts auf die Nennung der Erbquoten. Hierfür muss der Verzicht von allen Miterben in der Antragsstellung schriftlich erklärt werden. Geschieht dies, wird der Erbengemeinschaft durch das Nachlassgericht ein quotenloser Erbschein ausgestellt.

Hat ein quotenloser Erbschein Nachteile?

Der Erbschein ohne Quoten wird lediglich dann erstellt, wenn im Zuge der Beantragung von allen beteiligten Antragstellern auf die Nennung der Quoten explizit verzichtet wird. Hierfür ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Der quotenlose Erbschein kann sinnvoll sein, wenn ein Nachweis über die Erbberechtigung erbracht werden muss — beispielsweise bei Grundbuchänderungen — obwohl die Anteile der Beteiligten an einer Erbengemeinschaft (noch) nicht geklärt sind. Der Nachteil liegt auf der Hand: Zwar bescheinigt der Erbschein in diesem Fall die Erbfolge, jedoch nicht die Aufteilung der Erbmasse unter den Beteiligten. Somit vermag er Streitigkeiten über die Aufteilung des Nachlasses nicht zu verhindern, wie der vorliegende Fall unterstreicht. Zudem müssen sämtliche Beteiligten dem Verzicht auf die Quoten zustimmen.

Urteil zum Erbschein ohne Quoten des OLG München vom 15.04.2020

Beim hier vorliegenden Fall handelt es sich um ein Beschwerdeverfahren gegen die Erteilung eines zuvor beantragten, quotenlosen Erbscheins. Der Erblasser hinterließ eine Erbengemeinschaft, die aus seinen zwei Töchtern aus erster Ehe, sowie seiner zweiten Ehefrau bestand. Letztere war russische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Moskau. Ein Erbvertrag oder ein Testament des Verstorbenen lag nicht vor.

Ausgangslage des Falls

Die Miterben hatten gemeinschaftlich einen Erbschein ohne Nennung der Erbquoten notariell beantragt, da der Güterstatus der geschlossenen Ehe des Erblassers mit der beteiligten Miterbin zum Zeitpunkt des Antrags unklar war. Dieser hat jedoch rechtliche Auswirkungen auf den Erbanteil der Ehefrau. Der quotenlose Erbschein wurde entsprechend vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt.

In der Folge wurde von der Ehefrau ein Antrag auf Einziehung des Erbscheins gestellt, unter Berufung auf eine angeblich gefälschte, notarielle Urkunde. Sie gab an, dass der Entwurf der Erbschein-Beantragung, den sie unterschrieben hatte, die Erbquoten noch enthalten habe, wobei ihr eigener Erbanteil 50 % des Nachlasses gewesen sei. Eine entsprechende Änderung des Entwurfs habe sie nicht zugestimmt. Es sei lediglich eine Ergänzung hinsichtlich der Schreibweise ihres Namens besprochen worden. Das betreffende Notariat gab hingegen an, dass im Zuge der Protokollierung des Antrags der unklare Güterstand der Ehe erstmals zur Sprache kam. Um dennoch zeitnah einen Erbschein beantragen zu können, hätten sich die Erben gemeinschaftlich auf den Verzicht der Quotennennung verständigt. Der Antrag auf Einziehung des Erbscheins wurde daraufhin vom Nachlassgericht abgelehnt.

OLG weist Beschwerde von Miterbin ab

Gegen die Ablehnung des besagten Antrags durch das Amtsgericht Fürstenfeldbruck per Beschluss vom 30.08.2017 legte die Antragstellerin am 27.09.2017 Beschwerde ein. Ferner gab sie an, dass die Eheschließung mit dem Erblasser in Deutschland geschlossen worden sei und die Eheleute somit im deutschen gesetzlichen Güterstand gelebt hätten.

Goldene Justitia-Figur vor blauem Hintergrund

Das OLG München wies die eingereichte Beschwerde mit Beschluss vom 15.04.2020 unter Berufung auf eine schriftliche Aussage der — allseitig von Ihrer Schweigepflicht entbundenen — Notarin, die den Antrag auf Erteilung des quotenlosen Erbscheins beurkundet hatte, zurück. In dieser — nach Auffassung des Gerichts “erinnerungsfundierten” — Aussage wurde der Hergang der Beurkundung des Antrags schlüssig und glaubhaft geschildert. Im Übrigen habe es im Anschluss an die Beurkundung keine weiteren Änderungen am Antrag selbst gegeben. In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht mehrere Punkte an:

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