Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel

Mit der Eröffnung eines Berliner Testaments bestimmen sich die Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben. Zudem wird festgelegt, dass nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an einen oder mehrere Dritte übergeht. Ein Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel wird eröffnet, um Folgendes zu bestimmen: Heiratet der überlebende Ehepartner nach dem Tod des Gatten oder der Gattin erneut, geht der Nachlass des Erstverstorbenen an vorher festgelegte Dritte — in der Regel handelt es sich um die Kinder — ganz oder teilweise über.

In der Rechtsgeschichte kam es diesbezüglich häufig zu Unstimmigkeiten zwischen den unterschiedlichen Parteien. Denn: Die Wiederverheiratungsklausel ist gesetzlich nicht verankert, ihre Gestaltungsform nicht vorgegeben. Aus diesem Grund ist eine kompetente juristische Vertretung eine große Unterstützung in dieser ohnehin schon nervenaufreibenden Zeit. Als erfahrener Anwalt für Erbrecht bin ich Ihr Experte rund um das Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel.

Goldene Justitia-Figur vor blauem Hintergrund

Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel: Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Nachfolgendend lesen Sie exemplarisch über ein Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu einem Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel. Dieses betrifft Fragen der Gestaltung eines Berliner Testaments. Insbesondere beschäftigt sich das nachfolgende Urteil damit, ob eine Wiederverheiratungsklausel in einem Berliner Testament zulässig ist und wie diese inhaltlich gestaltet sein muss. Auch die Folgen bei einer Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten werden thematisiert.

Der Tenor des Urteils zum Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel aus dem Jahre 2001 (Aktenzeichen: 1Z BR 31/01) ist folgender: Das privatschriftliche Ehegattentestament und die darin enthaltene Verfügung werden für nichtig erklärt.

Diese Verfügung ordnete an, dass nach dem Ableben des Ehepartners der überlebende Partner sämtliches Vermögen in Form von Bargeld, Haus- und Platzbesitz erhält. Ebenso sollte laut des Testaments die Hälfte der Firma sowie ein Drittel der Architektengemeinschaft an den überlebenden Ehepartner übergehen.

Das Bayerische Oberste Landesgericht urteilte, dass mit der Wiederheirat die Verhältnisse der gesetzlichen Erbfolge wieder hergestellt wurden und eine letztwillige Verfügung über das eigene Vermögen hinaus nicht zulässig ist.

Testament mit Wiederverheiratungsklausel: Vorgeschichte zum Urteil

Der 1999 im Alter von 69 Jahren verstorbene Ehegatte und Erblasser war zweimal ohne Ehevertrag verheiratet. Aus seiner ersten Ehe entstammen drei gemeinsame Kinder. Am 11.05.1974 erstellte der Erblasser mit seiner ersten Ehepartnerin ein privatschriftliches Ehegattentestament. Dieses Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel enthält folgende Verfügungen:

Am 17.09.1977 verstarb die Ehefrau des Erblassers im Alter von 43 Jahren. Das Nachlassgericht erteilte dem Erblasser am 14.11.1977 einen Erbschein, gemäß welchem er zum Alleinerben seiner ersten Ehefrau wurde. Bei Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten erhalten laut Erbschein die gemeinsamen Kinder der Eheleute als Nacherben 50 Prozent des Vermögens. So ist es nach Auffassung des Nachlassgerichtes im Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel geregelt.

Am 18.07.1988 ging der länger lebende Ehegatte schließlich die Wiederverheiratung ein. Diese Ehe blieb kinderlos. Am 02.01.1997 verstarb ein Sohn aus der ersten Ehe. Der Sohn hatte keine Kinder und errichtete keine weitere letztwillige Verfügung zu seinem Nachlass in Form eines Testaments.

Dem Antrag der länger lebenden Kinder folgend, erteilte das Nachlassgericht am 10.02.2000 einen Erbschein, wonach beide aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 11.05.1974 als Nacherben in Erscheinung treten und je 50 Prozent des Erblassers erben.

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Anfechtung des Testaments mit Wiederverheiratungsklausel

Im Anschluss an die Antragsstellung der verbliebenen Kinder und dem Todesfall ihres zuerst verstorbenen Ehegatten beantragte allerdings die zweite Ehefrau des Erblassers Anspruch auf den Nachlass. Sie forderte, dass sie als Erbin zu 50 Prozent und die Kinder aus erster Ehe als Erben zu jeweils 25 Prozent des Nachlasses ausgewiesen werden.

Sie ist der Auffassung, dass Erbschaft bzw. Nacherbschaft neu geordnet werden müssen und das Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel vom 11.05.1974 nun nicht mehr gilt, denn:
Ihrer Ansicht nach führt die Wiederverheiratungsklausel aus dem ersten Ehegattentestament vom 11.05.1974 dazu, dass der Erblasser am Nachlass seiner ersten Frau nur noch zu 50 Prozent als Vollerbe beteiligt war und seine Kinder bezüglich der anderen Hälfte Nacherben ihrer Mutter geworden sind.

Damit sei durch die Wiederverheiratung gemäß der gesetzlichen Erbfolge eine Umverteilung des Vermögens erzielt worden. Im Zuge der erneuten Vermählung habe die im Schlusssatz des Berliner Testaments mit Wiederverheiratungsklausel geregelte Einsetzung der Kinder als Schlusserben nach Ableben beider Eheleute keine Geltung erreicht. Entsprechend der gesetzlichen Erbfolge stehe ihr deshalb die Hälfte des Nachlasses zu, während die verbliebenen Kinder auf jeweils 25 Prozent Anspruch hätten.

Der Erbscheinantrag der zweiten Gattin wird zurückgewiesen

Am 25.04.2000 weist das zuständige Nachlassgericht den Erbscheinantrag der zweiten Ehegattin zurück, da diese von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sei. Als Grund hierfür nennt das Gericht das gemeinschaftliche Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel vom 11.05.1974, welcher die Erbfolge des Erblassers und dessen Schlusserben in Form der Kinder regelt.

Eine Anfechtung der Anordnung wäre nur dann zulässig, wenn der überlebende Ehegatte bei Wiederverheiratung vollständig enterbt worden wäre. Dies wurde durch den Vertrag vom 11.05.1974 allerdings nicht angeordnet, denn die Nacherbschaft umfasst nur 50 Prozent des gemeinsamen Vermögens des erstversterbenden Ehepartners. Die zweite Hälfte ist dem Erblasser jedoch bei der Wiederverheiratung verblieben.

Das Landgericht hebt den Beschluss des Nachlassgerichts zum Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel auf

Die zweite Ehefrau legte daraufhin Beschwerde gegen diesen Beschluss zur Regelung der Erbschaft bzw. des Nacherbfalls ein. Am 04.10.2000 ging beim Nachlassgericht der Antrag auf eine Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments aus der zweiten Ehe, welches auf den 11.05.1994 datiert ist, ein. Die Anfechtung wurde aufgrund Irrtums und Übergehung einer Pflichtteilsberechtigten vollzogen.

Daraufhin hob das Landgericht den Beschluss zur Regelung des Nacherbfalls durch das zuständige Nachlassgericht zugunsten der Kinder auf und ordnete an, dass die zweite Ehegattin Anspruch auf 50 Prozent des Nacherbes hat, während die verbliebenen Kinder mit jeweils 25 Prozent zu beteiligen sind. Gegen diese Entscheidung legten wiederum letztere Beschwerde ein.

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Die Nacherbschaft bezieht sich auf die 50 Prozent des Nachlasses des Erstversterbenden

Das Landgericht beschloss, dass die Widerverheiratungsklausel im Berliner Testament vom 11.05.1974, nach welcher die Kinder 50 Prozent des gesamten Vermögens bei erneuter Heirat des überlebenden Ehegatten erhalten sollten, folgendermaßen auszulegen sei:

Die Nacherbschaft bezieht sich auf die Hälfte des Nachlasses des Erstversterbenden. Der Erblasser hat dies bereits bei der Eröffnung des gemeinsamen Testaments mit der zweiten Gattin dahingehend definiert. Auch das damals bereits volljährige erste Kind zeigte sich damit einverstanden. Im Zuge dessen hätten die Kinder durch die erneute Heirat des Vaters dieselbe erbrechtliche Stellung erhalten wie es gemäß der gesetzlichen Erbfolge der Fall ist.

Heiratet der länger lebendende Ehepartner erneut, erlischt auch seine Bevorzugung im Verhältnis zur gesetzlichen Erbfolge. Des Weiteren sei die Klausel im Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel, dass beim Tod beider Eheleute das gesamte Vermögen den drei Kindern zu gleichen Teilen zusteht, nicht als Regelung der Schlusserben im Fall der erneuten Heirat zu deuten.

Die Wiederheirat stellt die Verhältnisse der gesetzlichen Erbfolge wieder her

Die beiden Klauseln beziehen sich vielmehr auf zwei unterschiedliche Szenarien: Bei einer Wiederheirat werden die Verhältnisse der gesetzlichen Erbfolge wiederhergestellt. Nur wenn es zu keiner erneuten Vermählung kommt, sind die Kinder als Schlusserben des Vermächtnisses zu gleichen Teilen zu betrachten.

Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand: Die zweite Ehegattin wird als Miterbin zu 50 Prozent, die beiden Kinder als Miterben zu je 25 Prozent betrachtet. Das erste Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel vom 11.05.1974 wirkt sich nicht auf die zweite Ehe aus. Im Falle einer Wiederheirat haben die beiden Eheleute keine Regelung der Erb- und Rechtsfolge angeordnet. Somit tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft.

Weiterhin geht das Landgericht davon aus, dass sich die Eheleute im gemeinschaftlichen Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel gegenseitig als Vollerbe festgelegt haben. Für die Gestaltung der weiteren Erbfolge wurden zwei Szenarien mittels einer Alternativregelung berücksichtigt:

Eine letztwillige Verfügung über das eigene Vermögen hinaus ist unzulässig

Hinzu kommt, dass nach Ansicht des Landgerichtes die Klausel, nach welcher „die Hälfte des ganzen Vermögens“ an die Kinder übergeht, unter juristischen Gesichtspunkten nicht eindeutig genug ist und der Auslegung bedarf. Ferner lebten die beiden Eheleute im gesetzlichen Güterstand, sodass jeder Ehepartner lediglich über die letztwillige Verfügung des eigenen Vermögens, nicht aber darüber hinaus, berechtigt ist.

Das Landgericht legt die Passage des Berliner Testaments mit Wiederverheiratungsklausel so aus, dass durch die Wiederverheiratung die Hälfte des Nachlasses des Erstversterbenden an die Kinder übergeht. Bestärkt wird dies dadurch, dass Letztere bis zum Tod des Erblassers keine Einwende gegen diese Auslegung geltend machten.

Die Privilegierung des länger lebenden Ehegatten wird durch die Wiederverheiratung aufgehoben

Ferner nimmt das Landgericht an, dass die beiden Eheleute bei einer erneuten Heirat nach dem Todesfall eine Regelung gemäß der gesetzlichen Erbfolge gewollt hätten. Mit der Wiederheirat des Erblassers am 18.07.1988 wurden die Kinder Nacherben des Hälfteanteils des Nachlasses ihrer zuerst verstorbenen Mutter. Die andere Hälfte blieb indessen weiterhin beim Erblasser.

Dies entspricht der gesetzlichen Erbfolge, die beim Tod eines von in gesetzlichem Güterstand lebenden Ehegatten und Hinterlassung von Abkömmlingen gemäß § 1931 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 1371 Abs. 1, § 1924 Abs. 1, Abs. 4 BGB eintritt. Daraus ergibt sich nach Ansicht des Landgerichts, dass die Ehegatten bei der Erstellung des gemeinschaftlichen Berliner Testaments mit Wiederverheiratungsklausel die Privilegierung des länger lebenden Ehepartners und damit verbundene Schlusserbeneinsetzung bei erneuter Heirat aufheben wollen.

Darüber hinaus entfällt bei Wiederheirat unter Geltung der Heiratsklausel regelmäßig die Bindung des länger lebenden Ehepartners an die eigenen Verfügungen, wenn er der Beteiligung am Nachlass des Erstversterbenden verlustig geht (BayObLGZ 1962, 137; KG FamRZ 1968, 331/332; OLG Köln FamRZ 1976, 552; OLG Hamm NJW-RR 1993, 1225/1226; FamRZ 1995, 250/251).

Wird die Heiratsklausel in einem Berliner Testament mit Wiederverheiratungsklausel nicht durch weitere Anhaltspunkte ergänzt, ist davon auszugehen, dass den Kindern auch durch das Ableben des zweitversterbenden Ehepartners ein Anteil in Höhe des gesetzlichen Erbteils verbleiben soll (vgl. Staudinger/Kanzleiter BGB (1998) § 2269 Rn. 49). Eine fortlaufende Bindung ist nicht gegeben.

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