Anfechtungsgründe
Folgende Anfechtungsgründe berechtigen die anfechtungsberechtigte(n) Person(en) zur Aufhebung von Anordnungen, die der Erblasser im Testament oder Erbvertrag getroffen hat:
- Der Erblasser unterlag einem Erklärungsirrtum
Er hat etwas anderes aufgeschrieben, als er tatsächlich aufschreiben wollte. Er hat sich also verschrieben. Beispiel: Der Erblasser will seinem Freund 1.000 Euro vermachen und vergisst beim Aufschreiben des Betrages eine Null. - Der Erblasser unterlag einem Inhaltsirrtum
Er hat sich über die rechtliche Bedeutung seiner Verfügung geirrt. Er wusste also, was er erklärt, war sich aber nicht bewusst, was er damit erklärt. Beispiel: Der Erblasser hat in seinem Testament eine „Teilungsanordnung“ verfügt, um sicherzustellen, dass einer der Erben neben seinem Erbteil das Wohnmobil erhält, das sie zusammen ausgebaut haben. Dabei war dem Erblasser nicht klar, dass bei einer Teilungsanordnung der vermachte Gegenstand auf den Erbteil angerechnet wird. Hätte er dies gewusst, hätte er ein Vorausvermächtnis angeordnet. - Der Erblasser unterlag einem Motivirrtum
Er war irrig davon ausgegangen, dass ein Umstand (nicht) eingetreten ist bzw. (nicht) eintreten wird. Beispiel: Der Erblasser vermacht seinem Enkel, einem Filmstudenten, seine wertvolle Filmausrüstung, weil er davon ausgeht, dass dieser sein Studium abschließen und in der Filmbranche tätig sein wird. Tatsächlich bricht der Enkel das Studium jedoch ab und ergreift einen anderen Beruf. - Der Erblasser wurde widerrechtlich durch Drohung dazu bestimmt, eine bestimmte Anordnung zu treffen.
- Der Erblasser hat einen Pflichtteilsberechtigten übergangen
Er hat einen Pflichtteilsberechtigten in seinem Testament oder Erbvertrag nicht berücksichtigt, weil er entweder nichts von dessen Existenz wusste oder weil der Pflichtteilsberechtigte erst nach der Errichtung des Testaments oder dem Abschluss des Erbvertrages geboren wurde oder pflichtteilsberechtigt geworden ist.
Alle Anfechtungsgründe setzen voraus, dass der Erblasser seine Anordnung nicht getroffen hätte, wenn er von seinem Irrtum gewusst hätte bzw. er nicht bedroht worden wäre. Hätte er trotz Irrtum/Drohung in gleicher Weise verfügt, ist die Anfechtung nicht möglich.
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