Testamentsanfechtung vermeiden: Den letzten Willen wirksam gestalten

Das deutsche Erbrecht misst der allgemeinen Testierfreiheit eine hohe Bedeutung bei. Grundsätzlich ist dadurch jeder Erblasser berechtigt, jederzeit seine Erbfolge in einem Testament oder einem Erbvertrag zu regeln – ohne die gesetzliche Erbfolge beachten zu müssen. So kann jeder selbst entscheiden, wie das eigene Vermögen nach dem Ableben aufgeteilt werden soll. Dennoch gibt es einige Regeln zu beachten zur Erstellung eines wirksamen Testaments. Missachtet der Erblasser gesetzliche Vorschriften oder sind Formulierungen unklar, könnten benachteiligte Erben das Testament anfechten. Damit es erst gar nicht zu einer erfolgreichen Testamentsanfechtung kommt, haben wir die wichtigsten Fakten zur Anfechtung eines Testaments zusammengetragen und geben Ihnen hilfreiche Hinweise, um die Anfechtung Ihres Testaments maßgeblich zu erschweren.

Welches Ziel verfolgt die Anfechtung eines Testaments?

Die Anfechtung eines Testaments hat zum Ziel, dass alle oder einzelne Verfügungen als nichtig erklärt werden. Ist die Anfechtung erfolgreich, werden diese Verfügungen behandelt, als existierten sie nicht. Ist anzunehmen, dass der Erblasser die wirksamen Verfügungen ohne die unwirksamen Verfügungen nicht getroffen hätte, kann sogar das ganze Testament als unwirksam erklärt werden. In der Regel tritt dann die gesetzliche Erbfolge ein. Das Ziel für den oder die Anfechtenden ist klar: Durch eine erfolgreiche Testamentsanfechtung könnten sie besser gestellt werden, als vom Erblasser vorgesehen.

Wer kann ein Testament anfechten?

Nach § 2080 BGB sind diejenigen anfechtungsberechtigt, die von der Aufhebung der letztwilligen Verfügung des Erblassers unmittelbar profitieren würden (§ 2080 Abs. 1 BGB). Dies betrifft meist diejenigen Erben, die vom Erblasser enterbt oder in anderer Weise in der Erbfolge übergangen bzw. benachteiligt wurden. Auch Erben, denen großen Belastungen auferlegt wurden, versuchen häufig, das Testament anzufechten. Anfechtungsberechtigt sind daher beispielsweise:

  • jeder gesetzliche Erbe
  • der Ersatzerbe
  • die Vorerben (gegen die Einsetzung der Nacherben)
  • die Beschwerten, die die Anordnung eines Vermächtnisses oder einer Auflage verhindern wollen

Nicht nur die Erbeinsetzung im Testament selbst ist anfechtbar – die Erben könnten sich mit einer Anfechtung bspw. auch gegen eine Testamentsvollstreckung wehren.

Besteht eine bestimmte Anfechtungsfrist für ein Testament?

Ja. Nach § 2082 Abs. 1 BGB kann die Testamentsanfechtung nur innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte Kenntnis über den Anfechtungsgrund erlangt hat (§ 2082 Abs. 2 S. 1 BGB). Liegt der Erbfall bereits mehr als 30 Jahre zurück, kann das Testament nicht mehr angefochten werden (§ 2082 Abs. 3 BGB) – unabhängig davon, wann der Anfechtungsberechtigte Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erlangt hat.

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Welche Anfechtungsgründe gibt es bei einem Testament?

Die Gründe für die Anfechtung eines Testaments sind vielfältig. Das BGB kennt vorrangig die folgenden:

  • Irrtum: Nach § 2078 Abs. 1 und Abs. 2 BGB kann eine letztwillige Verfügung angefochten werden, wenn der Erblasser einem Irrtum unterlag. Dieser Irrtum kann entweder ein Inhaltsirrtum, Erklärungsirrtum oder Motivirrtum sein. Das bedeutet: Das Testament könnte anfechtbar sein, wenn der Erblasser über den Beweggrund oder den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben hätte.
  • Drohung: Nach § 2078 Abs. 2 BGB ist ein Testament ebenfalls anfechtbar, wenn der Erblasser durch eine Drohung zur Erstellung der Verfügung gezwungen wurde.
  • Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten: Hat der Erblasser irrtümlich einen Pflichtteilberechtigen übergangen, ist nach § 2079 BGB die Möglichkeit einer Testamentsanfechtung ebenfalls gegeben. Bei der Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten kommt also nicht nur die Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs in Betracht, sondern auch eine Testamentsanfechtung mit der möglichen Folge, dass Ihnen sogar der gesetzliche Erbteil zusteht. Eingeklagt werden könnte in diesem Fall, u.U. der größere gesetzliche Erbteil und nicht nur der Pflichtteil.. Dies gilt nur, wenn nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage keine andere Verfügung zum Pflichtteil getroffen hätte.

Wann ist ein Testament unwirksam und bedarf keiner Anfechtung?

Es gibt Fälle, in denen ein Testament von vornherein unwirksam ist und nicht der Testamentsanfechtung bedarf. Das bürgerliche Gesetzbuch kennt beispielsweise folgende Fälle:

  • Testierunfähigkeit: Die Errichtung eines gültigen Testaments setzt Testierfähigkeit voraus. Das bedeutet: Der Testamentserrichter muss das 16. Lebensjahr vollendet haben (§ 2229 Abs. 1 BGB) und muss die Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärung begreifen und nach dieser Erkenntnis handeln können. Ist der Testierer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage, die Folgen seiner Handlungen abzuschätzen, ist er testierunfähig und das von ihm erstellte Testament unwirksam. Dies betrifft beispielsweise Personen, die an Demenz, Psychosen, Manien oder Depressionen leiden oder die im Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorübergehend nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren.
  • Formfehler: Ein Testament kann weiterhin unwirksam sein, wenn nach § 2231 BGB Formfehler vorliegen oder wenn Zweifel an der Echtheit der Verfügung bestehen. Letzteres ist beispielsweise durch ein graphologisches Gutachten des handschriftlichen Testaments zu prüfen.
  • Sittenwidrigkeit oder Verstoß gegen Gesetze: Bei Sittenwidrigkeit oder bei Verstoß gegen gesetzliche Verbote, könnte das Testament ebenfalls unwirksam sein. Dieser Fall könnte eintreten, wenn der Erblasser einer Geliebten statt seiner Ehefrau das gesamte Vermögen vererbt oder wenn beispielsweise ein Heimmitarbeiter von einem in diesem Heim lebenden Erblasser zum Erben eingesetzt wird (Verstoß gegen § 14 Abs. 5 HeimG).
  • Vertretung oder Beeinflussung: Nach § 2064 BGB kann ein Erblasser sein Testament nur höchstpersönlich errichten und kann sich nicht durch einen Bevollmächtigten oder Betreuer vertreten lassen. Haben Dritte – beispielsweise im Eigeninteresse – einen solch starken Einfluss auf die Erstellung des Testaments genommen, dass der Erblasser sich nicht davon lösen und seinem eigenen Willen nicht mehr selbst Ausdruck verleihen kann, gilt das Testament als unwirksam. Dies ist häufig bei älteren Personen der Fall, denen ein Inhalt diktiert wird, ohne dass der oder die Betroffene darüber reflektiert oder entscheidet.

Lässt sich ein handschriftliches Testament anfechten?

Eine letztwillige Verfügung, die handschriftlich abgefasst ist, wird in der Regel vom Testator selbst nach bestem Wissen und Gewissen aufgesetzt – oft ohne anwaltliche Beratung. Dies birgt das Potenzial für Anfechtungsgründe wie Irrtümer sowie für Unwirksamkeit durch Formfehler oder andere Fehler. Um eine Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit des Testaments zu vermeiden, sollte stets ein Experte zu Rate gezogen werden. Unser Anwalt im Erbrecht in Berlin berät Sie gern.

Kann man ein notarielles Testament anfechten?

Ein von einem Notar aufgesetztes Testament entfaltet grundsätzlich keine stärkere Rechtswirkung als ein handschriftliches Testament. Allerdings kennt ein Notar und auch der erfahrene Anwalt die Fallstricke. In der Regel kennt ein Notar und Anwalt im Erbrecht alle rechtlichen Details und kann ein Testament dergestalt aufsetzen, dass Ihr letzter Wille rechtswirksam durchgesetzt werden kann. Ein möglicher Anfechtungsgrund könnte für ein notarielles Testament allerdings ein Irrtum des Testators sein. Um Irrtümer zu vermeiden, wird der Notar deswegen alle Eventualitäten abfragen, um ein beinahe unanfechtbares Testament aufzusetzen. Gleiches gilt für ein Testament, das nach eingehender Beratung durch einen Anwalt im Erbrecht erstellt wurde.

So können Sie verhindern, dass Ihr letzter Wille unwirksam wird

Es gibt Möglichkeiten, die Anfechtung für Ihr Testament erheblich zu erschweren. Folgende Auflistung gibt erste Handlungsempfehlungen, ersetzt aber keine umfassende Rechtsberatung:

  1. Konsultieren Sie einen Notar oder einen Anwalt im Erbrecht in Berlin. Der Anwalt ist Experte im Erbrecht und kennt alle gesetzlichen Vorschriften und Details. Durch seine langjährige Erfahrung und die Spezialisierung auf das Rechtsgebiet Erbrecht kennt unser Rechtsanwalt die gängigen Fehler und hilft Ihnen, diese zu vermeiden. So können Sie Ihr Testament nach detaillierter juristischer Beratung eigenhändig verfassen und Ihren letzten Willen wirksam durchsetzen.
  2. Erstellen Sie Ihr Testament so frühzeitig wie möglich. Sollten sich die Umstände in Ihrer Familie oder sonstigen Umgebung ändern, können Sie jederzeit das vorhandene Testament widerrufen oder abändern. So ist in jedem Fall vorgesorgt, falls Sie im Alter schwer erkranken sollten und die Testierfähigkeit womöglich nicht mehr gegeben ist.
  3. Beachten Sie unbedingt die Formvorschriften und Formerfordernisse eines Testaments. Sofern Ihre letztwillige Verfügung nicht von einem Notar erstellt wird, müssen Sie diese höchstpersönlich und vollständig handschriftlich verfassen. Vergessen Sie nicht, mit vollem Namen sowie Orts- und Datumsangabe zu unterschreiben. Möchten Sie gemeinsam mit Ihrem Ehe- oder Lebenspartner ein Berliner Testament aufsetzen, gelten weitere formelle Bestimmungen. Hinzu kommen weitere Vorschriften, deren Einhaltung maßgeblich dazu beiträgt, dass spätere Erben nicht das Berliner Testament anfechten können.
  4. Widerrufen Sie u.U. im ersten Abschnitt vorsorglich alle Verfügungen von Todes wegen, die eventuell früher erstellt wurden. Stellen Sie vor der Testamentserstellung sicher, dass keine Bindungswirkung aus einem wirksamen Ehegattentestament oder einem Erbvertrag mehr besteht.
  5. Hinterlegen Sie Ihr Testament am besten amtlich beim Amtsgericht. Ein Anwalt im Erbrecht kann Ihnen dabei behilflich sein. So ist die Verfügung vor unberechtigtem Zugriff geschützt und im Erbfall sicher auffindbar.
  6. Nennen Sie keine Gründe für eine eventuelle Erbfolge. Diese Begründungen sind in der Regel subjektiv und häufig Angriffspunkte für eine Testamentsanfechtung.
  7. Setzen Sie keine unberechtigten Erben ein. Dies kann beispielsweise die Heimleitung oder das Pflegepersonal in einem Alten- oder Pflegeheim sein, in dem der Erblasser untergebracht ist. Achten Sie außerdem darauf, keine sittenwidrigen Erben einzusetzen. Unser Erbrechtsanwalt unterstützt Sie gern bei der Einsetzung von rechtmäßigen Allein-, Vor-, Nach-, Schluss- und Ersatzerben.
  8. Bedenken Sie Eventualitäten, die spätere Anfechtungsgrundlagen darstellen könnten. Dies betrifft vor allem Irrtümer. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein männlicher Erblasser in seinem Testament namentlich seine drei Kinder bedenkt, ohne zu wissen, dass er ein viertes leibliches Kind hat, das ebenfalls berechtigt wäre, ihn zu beerben. Außerdem kann es vorkommen, dass ein Testierender eine spätere Heirat beim Erstellen des Testaments nicht in Betracht gezogen hat und daher der neue Ehepartner nicht bedacht wird. Ein Anwalt im Erbrecht kennt die wichtigen Formulierungen und wird mit Ihnen im Rahmen einer Beratung Eventualitäten erörtern, um die Möglichkeiten einer Testamentsanfechtung zu minimieren.
  9. Übergehen Sie keinen Pflichtteilsberechtigten. Dies wäre der Fall, wenn Sie nach dem Erstellen des Testaments ein weiteres Kind bekommen oder heiraten. In diesen Fällen kämen pflichtteilsberechtigte Erben hinzu. Um falsche Auslegungen der letztwilligen Verfügung zu vermeiden, sollten Zweifel durch eine formal richtige Änderung des Testaments ausgeräumt werden und von vornherein eindeutige Formulierungen genutzt werden.
  10. Ein Anfechtungsberechtigter verliert sein Anfechtungsrecht, wenn er das Testament des Erblassers formlos bestätigt. Dies kann auch schon zu Lebzeiten des Erblassers geschehen und sollte vom Erblasser in Betracht gezogen werden, um eventuelle Anfechtungsgründe Dritter nach seinem Tod auszuschließen.

Es gilt Auslegung vor Anfechtung. Das bedeutet, dass einer Testamentsauslegung der Vorrang gegenüber einer Anfechtung gegeben wird, um dem tatsächlichen Willen des Erblassers zur Durchsetzung zu verhelfen. Deshalb ist es umso wichtiger, die letztwillige Verfügung eindeutig und rechtssicher zu formulieren. Unser Anwalt im Erbrecht unterstützt Sie gern in einer persönlichen Beratung. So kann sichergestellt werden, dass Ihr letzter Wille wirksam durchgesetzt wird.

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