Ein Erbschein ist ein beglaubigter Nachweis für die Erbberechtigung einer oder mehrerer Personen. Der Erbschein ist folglich ein Legitimationspapier, mit dem der oder die Erben sich offiziell als solche ausweisen. Durch den Nachweis können Verträge, Versicherungen und Konten des Erblassers gekündigt und rechtssicher über seinen Nachlass verfügt werden. Diese amtliche Beglaubigung gibt Auskunft über die Person des Verstorbenen, dessen Erben, über die Erbanteile, und ggf. über Beschränkungen der Erben oder der Erbengemeinschaft. Wenn Sie den Erbschein beantragen, treten Sie die Erbschaft an und haften damit auch für ein eventuell überschuldetes Erbe. Um bei der Erbschaft im Nachhinein nicht auf unangenehme Überraschungen zu stoßen, kann es sinnvoll sein, das Erbe vor dem Erbscheinsantrag durch einen Anwalt für Erbrecht auf Überschuldung prüfen zu lassen.
Je nach Anzahl der Erben gibt es unterschiedliche Arten von Erbscheinen. Das alleinige Erbrecht kann eine Person durch einen Alleinerbschein nachweisen. Bei mehr als einem Erben gibt es einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem die jeweiligen Erbanteile angegeben sind. Hierfür müssen die Erbanteile aller Erben feststehen und alle Erben müssen die Erbschaft angenommen haben. Jeder Erbe kann jedoch auch einen Teilerbschein beantragen. Hierin sind dann lediglich die Angaben zum Erbteil des Antragstellers enthalten.
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Es existiert keine gesetzliche Pflicht für den Erbscheinsantrag oder für die Vorlage eines Erbscheins. Erben müssen in der Regel keinen Erbschein beantragen, wenn ein Testament, ein Erbvertrag oder eine sogenannte post- oder transmortale Vorsorgevollmacht (Generalvollmacht) vorliegt.
Dennoch kann die Vorlage eines Erbscheins in einigen Fällen erforderlich sein. Ein Erbschein wird zum Beispiel vom Grundbuchamt zum Nachweis der Erbfolge an einem Grundstück immer dann gefordert, wenn kein notarielles Testament, sondern lediglich ein handschriftliches Testament vorliegt. Auch wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung über sein Vermögen erlassen hat und somit nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die gesetzliche Erbfolge in Kraft tritt, fehlt für Erben der Nachweis über die Erbberechtigung. In diesem Fall müssen Erben meist einen Erbschein beantragen, um den Nachlass annehmen zu können.
In speziellen Fällen müssen Erben gegenüber Versicherungen, Behörden und anderen Einrichtungen ebenfalls einen Erbschein zum Nachweis der Erbberechtigung vorlegen. Auch Banken wollen regelmäßig erst einmal einen Erbschein sehen, bevor die Erben Zugriff auf das Konto bekommen und über das Vermögen verfügen können. Zwar dürfen Geldinstitute nicht pauschal auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, sondern dürfen diesen nur bei begründeten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einfordern. Doch können sich Erben ohne fachlichen Beistand oft nicht gegen die Bank durchsetzen. Vorteilhaft ist es dagegen, wenn der Erblasser bereits vor dem Tod Vorkehrungen zur Nachlassregelung getroffen hat, beispielsweise durch oben genannte Vollmachten, die über den Tod hinaus gehen, oder einen Bankvertrag.
In bestimmten Fällen kann auch ein bindend gewordenes Ehegattentestament mit nachlassgerichtlichem Eröffnungsvermerk als Nachweis ausreichen. Anlass zum Streit gibt dagegen immer wieder die Frage, ob und inwieweit eine Bank den (potentiellen) Erben nach dem Erbfall ohne Erbschein wenigstens zur Auskunft verpflichtet ist, sowie darüber, ob und in welcher Höhe Nachlasswerte – sprich Konten – bei der Bank vorhanden sind.
Generell ist die Beantragung eines Erbscheins nur einem nachweislich berechtigten Personenkreis möglich. Das heißt, nur Erben und Miterben dürfen einen Erbschein beantragen. Dies können sie persönlich, mit Notar oder mit einem Rechtsanwalt tun. Enterbte Personen können den Erbschein nicht beantragen. Auch der Nachlassgläubiger kann, was wohl eher selten vorkommt, einen Erbschein beantragen.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um einen Erbschein zu beantragen. So kann der Antragsteller die vom Gesetz geforderte eidesstattliche Versicherung für den Erbscheinsantrag bei einem Notar oder auch beim Nachlassgericht selber abgeben. Vom Erfordernis der eidesstattlichen Versicherung kann jedoch auch Befreiung beantragt werden. Sollte seitens des Nachlassgerichts darauf nicht verzichtet werden, kann der Mandant diese beim Nachlassgericht unmittelbar nachholen und die eidesstattliche Versicherung zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben, wenn ein Erbscheinsantrag zuvor bspw. durch seinen Anwalt gestellt wurde.
Der Erbscheinsantrag selbst bedarf keiner formellen Beurkundung und somit keines Notars. Ein Erbscheinsantrag kann daher auch durch einen Rechtsanwalt gestellt werden, der in Ihrem Namen Kontakt mit dem Nachlassgericht aufnimmt. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn absehbar ist, dass man sich mit Erbprätendenten ohnehin streiten wird. Die rechtliche Vorbereitung und Begleitung des Erbscheinsantrages durch einen spezialisierten Anwalt für Erbrecht ist empfehlenswert, wenn es Unklarheiten oder Streit hinsichtlich der Erbfolge bzw. der Erbschaft gibt.
Auch wenn man ohne Notar oder Anwalt den Erbscheinsantrag stellen darf, sollte man sich der Folgen bei Fehlern bewusst sein. Werden beispielsweise bei der Beantragung eines Erbscheins falsche Angaben in der eidesstattlichen Versicherung gemacht, ein gefälschtes Testament eingereicht oder letztwillige Verfügungen des Erblassers verschwiegen, können straf- und zivilrechtliche Konsequenzen, Schadensersatzpflicht oder Erbunwürdigkeit daraus folgen.
Gemäß § 2353 BGB wird ein Erbschein nur auf Antrag durch das jeweils zuständige Nachlassgericht erteilt. In der Regel handelt es sich dabei um das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Aufenthalt bzw. Wohnsitz hatte.
Lebte der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes im Ausland, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich der Erblasser zu Lebzeiten seinen letzten Wohnsitz in Deutschland hatte.
Für den Erbschein werden zudem Gebühren beim Amtsgericht fällig, die grundsätzlich durch den Antragsteller beglichen werden müssen. Zum einen die Gebühr für das Erbscheinsverfahren und zum anderen die Gebühr für die eidesstattliche Versicherung. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Wert des Nachlasses des Verstorbenen. Wird im Zuge des Erbscheinsverfahrens eine Verfügung von Todes wegen (z. B. ein Testament) eröffnet, fallen dafür ebenfalls Gebühren an.
Es gibt keine Frist, bis wann man den Erbscheinsantrag stellen muss. Als Erbe können Sie ihn jederzeit beantragen – auch noch Jahre nach dem Erbfall. Dennoch steht der Erbschein im Zusammenhang mit anderen Fristen, die es zu beachten gilt:
Auch sollte man den Antrag möglichst zeitnah stellen, um so früh wie möglich auf die Konten des Erblassers zugreifen und damit z. B. die Beerdigungskosten decken zu können.
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Damit Sie einen Erbschein beantragen können, müssen Sie einige Unterlagen zusammentragen. Je nach Konstellation können unterschiedliche Dokumente erforderlich sein. Die Unterlagen müssen Sie in der Regel immer als Original mit dem Erbscheinsantrag einreichen bzw. vorlegen. Falls Sie die gleichen Dokumente noch für andere Behördengänge benötigen, ist es empfehlenswert, diese zuvor zu kopieren und ggf. beglaubigen zu lassen. Nach dem Erbscheinsverfahren erhalten Sie alle Dokumente wieder zurück. Lassen Sie sich beim Zusammentragen der Unterlagen am besten von einem spezialisierten Anwalt beraten, damit Sie zu Ihrem Termin beim Nachlassgericht gleich alles Erforderliche dabei haben und nicht zu weiteren Terminen erscheinen müssen.
Um die Erteilung eines Erbscheins zu beantragen, werden in der Regel folgende Unterlagen vom Nachlassgericht gefordert:
Zusätzlich sind weitere Angaben notwendig, deren Richtigkeit Sie als Antragsteller beim Nachlassgericht eidesstattlich versichern müssen. Welche Angaben das sind, kann je nach Sachverhalt unterschiedlich sein. Liegt zum Beispiel keine letztwillige Verfügung vor, greift die gesetzliche Erbfolge und folgende Angaben sind u. a. zu machen:
Gerne berate ich Sie in Ihrem individuellen Fall zu den erforderlichen Unterlagen und Angaben.
Wie lange Sie auf die Ausstellung des Erbscheins warten müssen, lässt sich pauschal nicht beantworten. Je nach Auslastung des zuständigen Gerichts kann der Erbschein meist innerhalb weniger Wochen ausgestellt werden, bei Überlastung oder in Urlaubszeiten kann es auch deutlich länger dauern. Liegt ein Testament vor, muss vor der Ausstellung des Erbscheins zuerst eine Testamentseröffnung stattfinden. Von Bedeutung ist insoweit auch, ob ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt werden soll, oder aber ein Erbschein aufgrund eines Testaments oder Erbvertrages.
Damit die Bearbeitung Ihres Erbscheinsverfahrens möglichst zügig vonstattengeht, sollten Sie sicherstellen, dass Sie bereits bei der Antragstellung ausnahmslos alle erforderlichen Unterlagen und Angaben beifügen. Somit erhalten Sie den Erbschein schneller, als wenn das Gericht noch Nachfragen stellt oder fehlende Unterlagen nachgereicht haben möchte.
Wenn Sie für die Beantragung des Erbscheins einen spezialisierten Anwalt hinzuziehen, können Sie in mehrfacher Hinsicht von seiner Expertise profitieren und sich gegen rechtliche Fallstricke im Erbscheinsverfahren absichern.
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