Formerfordernis beim Testament: So ist es handschriftlich gültig

Im Rahmen der Testamentserrichtung wird aus Kostengründen häufig in Erwägung gezogen, keinen Notar für ein öffentliches Testament heranzuziehen, sondern stattdessen ein eigenhändiges Testament aufzusetzen. Die notarielle Bekundung kann in diesem Fall außen vor gelassen werden, trotzdem müssen gewisse Formvorschriften erfüllt werden. Nur so ist das handschriftliche Testament wirksam und sicher vor Anfechtung.

Nach § 2247 und § 2267 im BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) müssen folgende gesetzliche Formerfordernisse im Testament eingehalten werden:

Auch nachträgliche Änderungen werden handschriftlich getätigt und mit Orts- und Datumsangabe und ggf. mit einer erneuten Unterschrift versehen.

Formerfordernis Testament

Bayerisches Oberstes Landesgericht zum handschriftlichen Testament: Unterschrift auf Briefumschlag kann wirksam sein

Privatschriftliche letzte Verfügungen werden nicht selten aufgrund eines vorliegenden Formmangels oder widersprüchlicher Auslegungsmöglichkeiten des Inhalts angefochten. Als exemplarisch für die Komplexität in solchen Fällen dient an dieser Stelle das Urteil durch das Bayerische Oberste Landesgericht vom 10.09.1985 (Aktenzeichen BReg 1 Z 49/85).
Nach dessen Entscheidung erfülle der Namenszug des Erblassers auf der Vorderseite eines verschlossenen Umschlags unter der Niederschrift „Mein letzter Wille“ das Formerfordernis — zumindest insofern er sich unter den berücksichtigen Umständen als äußere Fortsetzung des Inhalts darstellt und nicht als eigenständig zu deuten ist. Gleichzeitig genüge die Namensnennung des Erblassers zu Anfang des Testaments allein nicht aus, um es wirksam zu machen.

Hintergrund zum Urteil: Drei eigenhändige Testamente aufgefunden

Ausgang des Erbfalls war der Tod der verwitweten Erblasserin im Jahre 1984, deren Ehe kinderlos blieb. Jedoch wuchs die Tochter ihrer Schwester bei ihr als Pflegetochter auf. Ein weiterer Beteiligter war zudem ein Enkel des verstorbenen Bruders der Erblasserin, dessen Vater zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bereits verstorben war.

Nach ihrem Tode wurden in einem Spiegelschrank im Schlafzimmer der Erblasserin drei Schriftstücke gefunden:

  1. Das erste befand sich in einem offenen, weißen Briefumschlag mit der mehrmals durchgestrichenen Aufschrift „Mein letzter Wille“ sowie dem Zusatz „Verbrennen“. Das handschriftliche Testament darin wurde auf das Jahr 1975 datiert. Auch ein weiterer maschinengeschriebener Entwurf mit gleichem Wortlaut war im Umschlag enthalten. Der Inhalt dieses Testaments machte eine Pfarrkirchenstiftung zum Alleinerben und gab Anweisungen zur Grabpflege.
  2. Auf einem zweiten offenen Briefumschlag war die Aufschrift „An den Pfarrer […] Mein letzter Wille […] Zweite Abschrift“ zu lesen. Auf drei Seiten war hier 1969 das Testament handschriftlich verfasst worden, auf einer leeren vierten Seite setzte die Erblasserin ihre Unterschrift. Auch aus diesem Inhalt würde die besagte Pfarrkirchenstiftung als Alleinerbe hervorgehen.
  3. Ein drittes handschriftlich verfasstes Schriftstück wird als letzter Wille eingeleitet und ist auf das Jahr 1983 datiert. Es befindet sich in einem verschlossenen Umschlag mit Aufschrift „Mein letzter Wille“ und die Signatur der Erblasserin darunter. In dieser letztwilligen Verfügung ist ihre Pflegetochter als Alleinerbin aufgeführt; ein Betrag Barvermögen sowie ihr Anwesen werden außerdem an deren Kinder vermacht. Auch einer örtlichen Kirche hinterlässt sie einen Geldbetrag.

Anfechtung auf Basis eines Formmangels wird zurückgewiesen

Nachdem das dritte Schriftstück von einem Rechtspfleger des zuständigen Nachlassgerichtes eröffnet wurde, stellte die Pflegetochter der Erblasserin einen Erbscheinsantrag. Deren Großneffe hielt das Schriftstück jedoch für ungültig und reichte daraufhin Beschwerde ein mit der Begründung: Die Formerfordernisse nach BGB seien im Testament nicht eingehalten worden, sodass es sich hierbei lediglich um einen Entwurf handle. Das Amtsgericht Augsburg wies jene Beschwerde am 07.05.1985 zurück, gegen den der beteiligte Großneffe wiederum Beschwerde einlegte.

Das Bayerische Oberste Landgericht führt dazu auf: Das 1983 verfasste privatschriftliche Testament erfülle das Formerfordernis. Im Hinblick auf das Schriftbild sei die Signatur außen auf dem Umschlag eindeutig der Erblasserin zuzuordnen. Nach Angaben ihrer Pflegetochter ging die Erblasserin ferner davon aus, dass das Testament nur in einem verschlossenen Umschlag wirksam sei. Dies werde gestützt von dem Fakt, dass die anderen beiden Umschläge von 1975 und 1969 geöffnet worden waren. Auch der Zusatz „Verbrennen“ auf einem der beiden Umschläge gebe weiter zu verstehen, dass die Erblasserin diese Versionen als ungültig erachtete.
Es müsse außerdem im Einzelfall überprüft werden, ob die Überschrift auf dem Umschlag im Sinne der Formvorschriften keine selbstständige Bedeutung habe, sondern mit dem Inhalt im Zusammenhang stünde. Auf dem verschlossenen Umschlag von 1983 wurde die Unterschrift unmittelbar folgend unter „Mein letzter Wille“ gesetzt worden: Beides würde in diesem Fall eine Einheit bilden. Die Signatur sei in diesem Zusammenhang also nicht etwa als Absenderangabe, sondern als Gültigkeitserklärung zu erklären. Für das Gericht bestünden daher keine Zweifel, dass die Erblasserin diese Fassung als ihr endgültiges Testament betrachtet habe.

Selbstnennung gilt nicht als Unterschrift

Des Weiteren kommt das Landgericht zu dem Schluss, dass die Selbstbenennung der Erblasserin zu Beginn des im Umschlag enthaltenen Schriftstücks nicht als Unterschrift nach § 2247 des BGB gelte. Auch die Unterschrift auf dem Umschlag sei immer nur dann als Unterschrift zu betrachten, wenn sie keine eigenständige Bedeutung hat, sondern mit dem Inhalt des handschriftlichen Testaments verknüpft sei.

Ausgang des Verfahrens

Die Beschwerde gegen das Landgericht Augsburg durch den Großneffen der Erblasserin wurde zurückgewiesen: Das Testament von 1983 unterliege ausreichend den Formerfordernissen und sei damit rechtswirksam. Der Großneffe habe der Pflegetochter die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

Häufig Probleme mit handschriftlichen Testamenten

Im Zusammenhang mit handschriftlichen Testamenten treten — wie im beschriebenen Urteil aufgezeigt — immer wieder Einzelprobleme auf, mit denen sich Nachlassgerichte oder Rechtsanwälte für Erbrecht befassen müssen. Dazu gehören das Verschwinden, die Vernichtung oder auch Fälschung eines Testaments. Um dies vorzubeugen, kann die eigenhändige Verfügung beim zuständigen Nachlassgericht verwahrt werden. Die Aufbewahrung zu Hause an einem sicheren Ort ist ebenfalls möglich. Hier bietet es sich, mehrere Exemplare mit übereinstimmendem Inhalt zu verfassen, die an verschiedenen Orten hinterlegt werden.
Auch die Unleserlichkeit des Schriftstücks im Sinne der Formerfordernisse oder die nicht namentliche Nennung eines Erben kommen häufig vor und erschweren die Ausführung des letzten Willen. Werden des Weiteren Datumsangaben trotz Empfehlung nicht gesetzt, sodass es im Laufe des Lebens mehrere Versionen gibt, die sich nicht gegenseitig deutlich widerrufen, kann es ebenfalls zur Unwirksamkeit des Testaments kommen.

Abgesehen von ihrer Form werden privatschriftliche Testamente — besonders, wenn sie nicht mit fachmännischer Unterstützung errichtet werden — angefochten, da es oft inhaltlich mehrere Möglichkeiten zur Auslegung der Geschriebenen geben kann. Daher ist es auch bei handschriftlichen Testamenten zu empfehlen, immer den Rat eines Experten, etwa eines Anwalts für Erbrecht, hinzuziehen, um spätere Probleme zu vermeiden.

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